Wenige Kommunen hierzulande haben das Gender Budgeting bereits eingeführt. Als zentraler Pfeiler europäischer Gleichstellungspolitik beinhaltet Gender Mainstreaming allerdings ebenso die Verpflichtung, Gender Budgeting einzuführen. Daher ist es wichtig, fachliche und finanzielle Planungen auch mal hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der einzelnen Geschlechter zu betrachten.
Das ist Gender Budgeting
Mit Gender Budgeting (Budgeting ist die englische Bezeichnung für öffentliche Haushaltsplanung) ist eine Strategie gemeint, eine sachgerechte und gleichstellungsorientierte Verteilung der Haushaltsmittel zu erzielen. Die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Geschlechter werden dabei berücksichtigt und Einnahmen und Ausgaben darauf hin überprüft, ob sie eine Gleichstellung fördern oder eventuell sogar Ungleichheiten hervorbringen bzw. weiter forcieren. Das heißt, dass alle Prozesse der Haushaltspolitik und die Einnahmen/Ausgaben systematisch unter der Maßgabe der Geschlechtergerechtigkeit einer Analyse, Bewertung und Planung unterzogen werden.
Unterschiedliche Nutzung des öffentlichen Raums
Tatsächlich ist es so, dass Frauen und Männer (oder Mädchen und Jungen) den öffentlichen Raum unterschiedlich nutzen. Hinsichtlich der Mobilität beispielsweise zeigen Studien, dass Frauen kürzer, aber öfter unterwegs sind als Männer und dabei häufiger das Rad nehmen, öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder zu Fuß gehen. Männer hingegen legen längere Distanzen im eigenen Auto zurück. Ein Grund könnte sein, dass Mütter häufiger in Teilzeit arbeiten und vermutlich eher wohnortnah arbeiten. Denn häufig sind es Mütter, die die Kinder zu Betreuungseinrichtungen bringen und/oder dort abholen, ebenso die Freizeitgestaltung der Kinder begleiten, sei es Spielplätze oder Sport- und Kulturveranstaltungen aufsuchen.
Das sollten Sie beachten
Auch ein scheinbar genderneutrales Vorhaben wie die Planung und der Bau von Straßen kann ein gleichstellungsrelevantes Thema sein. Das ist beispielsweise der Fall, wenn gut ausgebaute Rad- und Fußwege in der Planung vernachlässigt werden.
Ein Beispiel aus Schweden
Welche Konsequenzen die unterschiedliche Mobilität der Frauen und Männer haben kann, zeigt sich in einem Beispiel aus Schweden. Bei Schneefall wurden dort zunächst die Autobahnen und Hauptstraßen, Geschäftsbereiche, danach Nebenstraßen und zu guter Letzt die Geh- und Radwege vom Schnee befreit. Eine Gender-Budget-Analyse jedoch ergab, dass es 3-mal so häufig zu Unfällen durch glatte Gehwege kam als mit dem Auto. Und in den allermeisten Fällen waren Frauen die Verletzten.
Als Folge der Analyse wurde die Reihenfolge der Schneebeseitigung wie folgt geändert: Zuerst wurden nun die Geh- und Radwege, insbesondere die Bereiche rund um Bushaltestellen und Grundschulen vom Schnee befreit, erst danach die Straßen. Es zeigte sich, dass durch die geänderte Reihenfolge keine Mehrkosten entstehen, eher im Gegenteil, denn zuvor überstiegen die Behandlungskosten der Verletzungen die Kosten der Schneebeseitigung.
(Link: https://kurzelinks.de/gender-equality, abgerufen am 18.3.2021)
Budget-Nutzenanalyse am Beispiel München
In München wird seit dem Jahr 2004 schrittweise Gender Budgeting eingeführt. Zunächst einmal musste erhoben werden, welche öffentlichen Bereiche überhaupt von wem genutzt werden. Das Münchner Kulturreferat beispielsweise untersuchte, wer die Stadtbibliotheken und die Kulturförderung überwiegend nutzt. Im Existenzgründungsbüro wurde z.B. anhand eines Gleichstellung-Checks festgestellt, dass die Art und Weise der Gestaltung des Programms vor allem Männern nutzt. Hier wird nun durch gezielte Maßnahmen gegengesteuert, um auch mehr Frauen die Existenzgründung zu ermöglichen.
Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen
Insbesondere wird ein geschlechtsbezogener Nachteil deutlich beim Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. Fehlen Betreuungsplätze, hat dies mehr Auswirkungen auf Frauen als auf Männer, da Frauen meistens im Beruf zurückstecken und sich um die Betreuung der Kinder kümmern. Daher sei der Ausbau an Betreuungsplätzen ein wichtiges geschlechterpolitisches Ziel, so die Stadt München.
Fazit: Gendergerechte Haushaltsplanung ist wichtig
Wie Sie sehen, kann eine Gender-Nutzenanalyse weitreichende Folgen für Frauen haben. Insbesondere in Krisenzeiten wie jetzt gerade, wo Sparmaßnahmen notwendig sind, weil Gelder gekürzt und Rettungspakete geschnürt werden, ist eine gendergerechte Haushaltsplanung wichtig. Sie als Gleichstellungsbeauftragte sollten im Blick haben, dass durch eventuelle Ausgaben und Kürzungen die Ungleichheit noch verschärft werden könnte. Beispielsweise wenn Einsparungen in Bereichen vorgenommen werden, die eher zulasten von Frauen und Kindern gehen, etwa bei Sport- und Kulturangeboten, ebenso Einsparungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch Beleuchtung an Gehwegen.
(Link: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/was-haushaltsplanung-mit-gleichstellung-zu-tun-hat, SNbBa1U, abgerufen am 18.3.2021)
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Mit Gender Budgeting (Budgeting ist die englische Bezeichnung für öffentliche Haushaltsplanung) ist eine Strategie gemeint, eine sachgerechte und gleichstellungsorientierte Verteilung der Haus- haltsmittel zu erzielen. Die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Geschlechter werden dabei berücksichtigt und Einnahmen und Ausgaben darauf hin überprüft, ob sie eine Gleichstellung fördern oder eventuell sogar Ungleichheiten hervorbringen bzw. weiter forcieren.
Auch ein scheinbar genderneutrales Vorhaben wie die Planung und der Bau von Straßen kann ein gleichstellungsrelevantes Thema sein. Das ist beispielsweise der Fall, wenn gut ausgebaute Rad- und Fußwege in der Planung vernachlässigt werden.