Empfehlungen der Leopoldina für eine geschlechtergerechte Hochschulkultur

Empfehlungen der Leopoldina für eine geschlechtergerechte Hochschulkultur

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina erarbeitet unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Interessen wichtige gesellschaftliche Zukunftsthemen aus wissenschaftlicher Sicht, vermittelt die Ergebnisse der Politik und der Öffentlichkeit und vertritt diese Themen national wie international. Im September letzten Jahres hat die Leopoldina eine Stellungnahme zum Thema „Frauen in der Wissenschaft: Entwicklung und Empfehlungen“ veröffentlicht, um einen stärkeren Fokus auf die systeminhärenten Schwachstellen zu lenken. Da diese Stellungnahme auch für Sie als Gleichstellungsbeauftragte relevant ist, finden Sie einige der Empfehlungen in diesem Beitrag.

Überall dieselbe Situation: Je höher die Karriereleiter, desto weniger Frauen

Sicherlich gibt es innerhalb der Hochschulstrukturen einige Besonderheiten, wie beispielsweise das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und die damit verbundenen Zeitverträge. Allerdings lässt sich eines in nahezu allen Bereichen nicht nur der Wissenschaft feststellen: Je höher die Karriereleiter, desto weniger Frauen sind zu finden.

Während im Bereich der immatrikulierten Studierenden bis hin zur Promotion eine Gleichstellung nahezu erreicht wird, steigt die Unterrepräsentanz danach mit jeder weiteren Karrierestufe an. Insofern sind die Empfehlungen der Leopoldina nicht nur für den Bereich der Hochschulen von Belang, sondern im Allgemeinen auf Leitungspositionen übertragbar.

Strukturen analysieren und ändern

Denn um qualifizierte Frauen zu gewinnen, zu halten und zu fördern, bedarf es eines Wandels. Dazu gehört zunächst eine durchsetzungsfähige und -willige (akademische) Leitungskultur, die Gleichstellung auf allen Ebenen zur Führungsaufgabe macht. Gleichstellung muss zu einer fest verankerten und priorisierten Aufgabe von Organisationsleitungen werden, die nachhaltige Maßnahmen generieren, um Strukturen und Verhaltensweisen entsprechend zu ändern und um (wissenschaftliche) Karrieren von Frauen nicht mehr zu behindern oder zu blockieren.

Empfehlungen der Forschungsgruppe

Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe sind in vier Teile gegliedert:

1. Strukturen ändern

  • Hochschulen bzw. Behörden sollten daran gemessen werden, wie erfolgreich sie ihre Gleichstellungsziele implementiert haben, und dies soll auch bei Evaluierungen und Zertifizierungen stärker berücksichtigt werden.
  • Laut Forschungsliteratur braucht es eine „kritische Masse“ von etwa 30 %, damit sich Minderheiten in Organisationen sichtbarer entfalten und somit mehr Einfluss nehmen können. Diese Anzahl der „kritischen Masse“ sollte sich auch bei den Professuren widerspiegeln, bzw. in Führungspositionen anderer Dienststellen.
  • Insbesondere in der Altersphase zwischen 30 und 40 Jahren, in der Beschäftigte häufig die Entscheidung zwischen Karriere und Familie treffen müssen, sollten bessere Anreize, beispielsweise mit unbefristeten Positionen, geschaffen werden, die auch Frauen eine Perspektive bieten.

2. Frauen ermächtigen

  • Hochschulen sollten speziell auf Frauen zugeschnittene Angebote implementieren, wie Mentoring-Programme, finanzielle Unterstützung junger Familien und flexible Arbeitszeiten.
  • Vorbilder einer Partnerschaft, in welcher Care-Arbeit gerecht aufgeteilt wird, beispielsweise durch wertschätzende Berichterstattung in Zeitungsartikeln, Porträts und Interviews, sollten konstant und präsent dargestellt werden.
  • Es sei außerdem nötig vakante Stellen möglichst vorrausschauend zu identifizieren, um sich auf die Suche nach qualifizierten Frauen zu konzentrieren. Kurzfristige Suchen erlauben häufig keine angemessen paritätische Auswahl.

3. Frauen sichtbar machen

  • Die Verantwortlichen an Hochschulen müssten sich aktiv und konstruktiv mit den eigenen unbewussten Vorurteilen (Biases) auseinandersetzen und einer unterschiedlichen Bewertung von Leistungen und Persönlichkeiten entgegenwirken, indem qualifizierte Frauen gezielt für Preise und Akademien vorgeschlagen werden oder insbesondere Frauen zitiert und rezensiert werden.

4. Fortschritte dokumentieren, Entwicklungen überprüfen

  • Um zielgenauere Gleichstellungsmaßnahmen treffen zu können, müssen Daten wie Alter, Familienstand, Migrationserfahrung abgefragt werden. Diese werden bislang nicht erfasst.
  • Eine regelmäßige Abfrage der gleichstellungsrelevanten Fördermaßnahmen müsste verpflichtend durchgeführt werden. Arbeitgeber*innen müssen sich daran messen lassen, welchen Stellenwert Gleichstellung in den eigenen Strukturen einnimmt.

FAQ-Bereich

Für wen ist „Gleichstellung im Blick“?

„Gleichstellung im Blick“ richtet sich speziell an Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragte im öffentlichen Dienst und der freien Wirtschaft in ganz Deutschland.

Kann ich „Gleichstellung im Blick“ probelesen?

Ja. Wir bieten allen interessierten Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragten die Möglichkeit eine Ausgabe 14 Tage lang kostenfrei zu lesen. Sie entscheiden erst dann, ob Sie einen kostenpflichtigen Bezug möchten oder nicht.

Was bietet mir „Gleichstellung im Blick“?

„Gleichstellung im Blick“ bietet allen Frauen-, Gleichstellungs- und Chancengleichheitsbeauftragten relevante, aktuelle und rechtssichere Informationen zur Herstellung von Chancengleichheit in der Arbeitswelt. Neben der gedruckten Ausgabe haben Leser*innen die Möglichkeit eine telefonische Sprechstunde für individuelle Fragen in Anspruch zu nehmen. Ebenso laden wir mindestens 1mal pro Jahr zu einem Netzwerktreffen zum Austauschen und Netzwerken ein. Ein Zugang zu einem Onlinebereich, in dem Sie Muster-Initiativanträge, Checklisten, Übersichten und Muster-Schreiben herunterladen können, rundet das Angebot ab.

Je höher die Karriereleiter, desto weniger Frauen?

Während im Bereich der immatrikulierten Studierenden bis hin zur Promotion eine Gleichstellung nahezu erreicht wird, steigt die Unterrepräsentanz danach mit jeder weiteren Karrierestufe an. Um qualifizierte Frauen zu gewinnen, zu halten und zu fördern, bedarf es eines Wandels. Dazu gehört zunächst eine durchsetzungsfähige und -willige (akademische) Leitungskultur, die Gleichstellung auf allen Ebenen zur Führungsaufgabe macht. Gleichstellung muss zu einer fest verankerten und priorisierten Aufgabe von Organisationsleitungen werden, die nachhaltige Maßnahmen generieren, um Strukturen und Verhaltensweisen entsprechend zu ändern und um (wissenschaftliche) Karrieren von Frauen nicht mehr zu behindern oder zu blockieren.

Was sind die Empfehlungen der Forschungsgruppe?

1. Strukturen ändern
2. Frauen ermächtigen
3. Frauen sichtbar machen
4. Fortschritte dokumentieren, Entwicklungen überprüfen