Hedy Lamarr
9.11.1914: | Geboren in Wien |
1930: | Erste Rolle im Film „Geld auf der Straße“ |
1931: | Erste Hauptrolle in „Man braucht kein Geld“ |
1933: | Skandalträchtige Rolle in „Symphonie der Liebe“ |
10.08.1933: | Hochzeit mit Fritz Mandl |
1937: | Trennung von Erich Mandl, Umzug nach Hollywood |
1939–1941: | Ehe mit Gene Markey |
1939: | Adoption ihres Sohnes James |
1940: | Entwicklung einer Funksteuerung für Torpedos mit Goerge Antheil |
1943–1947: | Ehe mit John Loder |
19.01.1945: | Geburt ihrer Tochter Denise |
01.02.1947: | Geburt ihres Sohnes Anthony |
1951–1952: | Ehe mit Teddy Stauffer |
1953: | Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft |
1953–1960: | Ehe mit W. Howard Lee |
1958: | Dreh ihres letzten Films |
1960: | Ehrung mit einem Stern auf dem „Hollywood Walk of Fame“ |
1963–1965: | Ehe mit Lewis J. Boies |
1997: | Ehrung mit dem Electronic Frontier Foundation Pioneer Award |
19.01.2000: | Gestorben in Casselberry, Florida |
Ihr Management vermarktete sie als „schönste Frau der Welt“, und Hedy Lamarr versuchte stets, diesem Ideal zu entsprechen. Doch hinter der schönen Fassade steckte auch ein kluger Geist. Weil die gebürtige Österreicherin ihrer eigentlichen Leidenschaft, der Wissenschaft, aber kaum nachgehen konnte, flüchtete sie sich vielfach in Extreme, stürzte sich in Affären und nahm Drogen. Erst zum Lebensende hin erhielt sie die Anerkennung für ihre bahnbrechende Erfindung.
Einzelkind in bürgerlicher Familie
Am 9. November 1914 wurde Hedwig Eva Maria Kiesler – wie Hedy Lamarr damals mit bürgerlichem Namen hieß – in Wien geboren. Sie wurde als Einzelkind in einer gut situierten bürgerlichen Familie groß. Ihr Vater Emil war Direktor des Wiener Bankvereins, ihre Mutter Getrud war ausgebildete Konzertpianistin. Die Familie war jüdischen Glaubens.
Hedwig Kiesler besuchte eine Privatschule und erhielt zudem Klavier-, Ballett- und Sprachunterricht. Zudem war sie ein technisch interessiertes Kind und soll zum Beispiel als Fünfjährige eine Spieluhr auseinandergebaut haben, um die Technik dahinter zu begreifen.
Erste Rolle 1930, erste Hauptrolle 1931
Als Jugendliche entwickelte Hedwig Kiesler eine Begeisterung für Theater und Film. 1930 arbeitete sie als Script-Girl, also als Assistentin des Direktors, bei den Sascha-Filmateliers in Wien und spielte in dem Film „Geld auf der Straße“ ihre erste Rolle. Anschließend ging sie ging nach Berlin und besuchte die Schauspielschule des Theaterregisseurs Max Reinhardt.
1931 kehrte sie nach Wien zurück und spielte in „Man braucht kein Geld“ ihre erste Hauptrolle. 1933 drehte sie ihren wohl bekanntesten Film: In „Symphonie der Liebe“ sorgte sie mit der ersten Nacktszene und dem ersten gespielten Orgasmus der Filmgeschichte für einen Skandal. Der Film wurde 1934 zwar bei den internationalen Filmfestspielen in Venedig mit dem Regiepreis ausgezeichnet, in vielen Ländern aber verboten oder zensiert.
„Das war eine nette Geschichte, eine Frau war unglücklich verheiratet, und sie läuft jemandem weg und Schluss. Und da habe ich gedacht, das ist alles“, erzählte die Schauspielerin später. „Und dann plötzlich mitten in Prag sagen sie: Jetzt soll ich alles ausziehen. Und sie sind weit weg. Und ich habe das alles geglaubt. Und die waren auch weit weg. Ich habe nicht gewusst, dass es so was gibt wie eine Zoom-Linse.“
Unglückliche Ehe mit Wiener Waffenfabrikant
Am 17. Juni 1933 lässt sich Hedwig Kiesler auf Drängen ihres Verlobten, des Wiener Industriellen und Waffenfabrikanten Fritz Mandl, katholisch taufen und heiratet ihn am 10. August. Ihrer Schauspielerei setzt ihr Ehemann vorerst ein Ende; er galt als herrsch- und eifersüchtig.
Fritz Mandl führte seine Frau in die High Society ein, gemeinsam besuchten sie unter anderem den Wiener Opernball. Politische und künstlerische Prominenz wurde zudem regelmäßig in ihr Haus in Wien eingeladen.
Flucht nach Hollywood
1937 zog die junge Wienerin jedoch die Reißleine und floh aus der unglücklichen Ehe zunächst nach London und schließlich nach Hollywood. Sie wurde von der Filmproduktionsgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) unter Vertrag genommen und fortan als „schönste Frau der Welt“ vermarktet. Ihr Manager Louis B. Mayer gab ihr zudem ihren Künstlernamen Hedy Lamarr.
Die gebürtige Österreicherin spielte in rund 25 Filmproduktionen mit, die mal mehr, mal weniger erfolgreich waren. Zu ihren größten Erfolgen zählt der 1949 erschienene Film „Samson und Delilah“. Für sie selbst war ihre wichtigste Rolle die einer modernen und unabhängigen Frau in der Geschäftswelt in dem Film „H. M. Pulham, Esq.“ (1941). Ihren letzten Film drehte Hedy Lamarr 1958. 1960 wurde sie mit einem Stern auf dem „Hollywood Walk of Fame“ geehrt.
Für Schauspielerinnen und Fans war Hedy Lamarr eine Stilikone. Viele kopierten ihre Mittelscheitel-Frisur und färbten sich ihre Haare braun, um der Schauspielerin nachzueifern. Bekannt war Hedy Lamarr auch für ihre auffallenden Kopfbedeckungen: Sie trug ausgefallene Hüte, Turbane, Schals und Schleier.
Entwicklung einer Fernsteuerung für Torpedos
Ein ganz anderes Talent zeigte Hedy Lamarr während des Zweiten Weltkriegs: 1940 entwickelte sie mit dem Filmkomponisten George Antheil eine Methode, mit der sich Torpedos fernsteuern lassen konnten.
Die Idee der beiden entstand bei Antheils „Ballet Mécanique“, bei dem 16 Pianolas – Selbstspielapparaturen für Klaviere – synchronisiert werden sollten. Dies gelang über gleichzeitig ablaufende Klavierrollen. Hedy Lamarr und der Komponist entwickelten für die Pianolas eine Funkfernsteuerung, für die sie im Sender und bei den Empfängern identische Lochstreifen einbauten. So waren gleichzeitige Frequenzsprünge möglich.
Patent der US-Marine überlassen
Die beiden arbeiteten an ihrer Idee weiter und entwickelten auf Basis des Frequenzsprungverfahrens eine Funkfernsteuerung für Torpedos. Das Steuerungssignal verteilten sie über mehrere Frequenzen, von Zeit zu Zeit konnte die Frequenz synchron beim Sender und Empfänger geändert werden. Ein Feind wäre ohne Kenntnis der synchronen Datensätze, die im Sender und Empfänger verbaut wurden, nicht in der Lage, die Frequenz zu erkennen.
1942 erhielten Lamarr und Antheil ein Patent für ihre Erfindung und überließen dieses der US-Marine. Diese setzte die Technik jedoch vorerst nicht ein, weil eine Funksteuerung von Torpedos nicht ohne Weiteres möglich war: Funkwellen breiten sich unter Wasser nur schlecht aus.
Grundstein für moderne Technologien wie Bluetooth
Mitte der 1950er-Jahre entwickelte die US-Navy auf Basis des Patents schließlich Sonar-Bojen für die U-Boot-Jagd, 1962 verwendeten einige Navy-Schiffe eine weiterentwickelte Version der Technik.
Lamarrs und Antheils Erfindung gilt zudem als Grundstein für die modernen Technologien Bluetooth, GPS und WLAN, bei denen ebenfalls Frequenzsprünge zum Einsatz kommen. „Es stecken da mathematische und technische Ideen drin, die letztlich brennend aktuell sind“, lobt beispielsweise der Berliner Informatiker Günther Ziegler.
Den Erfolg ihrer Erfindung erlebte George Antheil nicht mehr mit, er starb bereits 1959. Hedy Lamarr hingegen wurde, wenn auch spät, noch geehrt: 1997 erhielt sie den „Electronic Frontier Foundation Pioneer Award“. 2014 wurde sie zudem posthum in die US-amerikanische „National Inventors Hall of Fame“ aufgenommen.
Sechs Ehen, drei Kinder
Das Privatleben der Schauspielerin war turbulent und unstet. Sie stürzte sich in unzählige Affären und war insgesamt sechsmal verheiratet. Nach der Scheidung von Fritz Mandl heiratete sie 1939 den Autor Gene Markey, 1943 ging sie mit dem Schauspieler John Loder die Ehe ein. 1951 heiratete sie den Musiker Teddy Stauffer, 1953 den Ölmillionär W. Howard Lee. 1963 heiratete Hedy Lamarr den Anwalt Lewis J. Boies, doch auch diese Ehe wurde nach nur wenigen Jahren geschieden.
Hedy Lamarr war Mutter von drei Kindern: Ihr ältester Sohn wurde 1939 geboren und von ihr während der Ehe mit Gene Markey adoptiert. 1945 brachte sie ihre Tochter Denise zur Welt, 1947 ihren Sohn Anthony. Vater der beiden war ihr dritter Ehemann John Loder.
1953 nahm Hedy Lamarr die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an.
„Sie liebte Extreme“
2021 gab ihr Sohn Anthony Loder in Wien in einem Interview mit der Moderatorin Silvia Schneider Einblicke in das Privat- und Gefühlsleben seiner Mutter. „Sie war ihrer Zeit voraus, doch niemand nahm sie ernst. Daran ist sie zerbrochen“, sagte er.
Sie sei einsam gewesen und habe unter ständigem Druck gestanden, dem an sie herangetragenen Schönheitsideal zu entsprechen. „Sie liebte Extreme. In jeder Art! Sei es mit den Drogen oder den Männern.“
Ihre letzten Jahre verbrachte Hedy Lamarr zurückgezogen. Am 19. Januar 2000 starb sie in Casselberry, Florida. Ein Teil ihrer Asche wurde ihrem Wunsch entsprechend von ihren Kindern Anthony und Denise im Wienerwald verstreut. Die Urne mit der anderen Hälfte ihrer sterblichen Überreste wurde 2014 auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.
Viele Preise nach ihr benannt
Hedy Lamarr zu Ehren wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz am 9. November, ihrem Geburtstag, der „Tag der Erfinder“ gefeiert, den 1983 der US-Präsidenten Ronald Regan ins Leben rief.
Zudem lobte die Stadt Wien den „Hedy-Lamarr-Preis“ aus, der seit 2018 jährlich an österreichische Wissenschaftlerinnen für innovative Leistungen in der IT vergeben wird. Die Digital Entertainment Group verleiht seit 2017 die „DEG Hedy Lamarr Awards“ für Innovationen in der Unterhaltungstechnologie. Seit 2021 vergibt die britische Gesellschaft „Institute of Mathematics and its Applications“ den „IMA Hedy Lamarr Prize“ für mathematische Leistungen.
„Ich freue mich so sehr, dass ihr sie weiterleben lasst. Ihr vergesst sie nicht. Nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch wegen dem, was sie geleistet hat. Die Wissenschaft war immer ihre große Leidenschaft“, sagte Anthony Loder anlässlich der Verleihung des Hedy-Lamarr-Preises 2021 in Wien.
Bildquelle: Los Angeles Times, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons