Das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz (NGG) wartet nach wie vor auf seine Reform. Ein Entwurf zur Reform des Gesetzes liegt zwar schon lange vor, wurde bisher aber noch nicht verabschiedet. Einige Besonderheiten finden sich heute noch im NGG, die ich Ihnen hier vorstellen möchte.
NGG wendet sich an Frauen und Männer
Als eines der wenigen Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder wendet sich das NGG sowohl an Frauen als auch an Männer. Von den Frauenfördermaßnahmen profitieren somit derzeit nach wie vor auch Männer. Beispielsweise ist die Quotenregelung stets auf das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht anzuwenden.
Dies macht in der Praxis nicht unerhebliche Schwierigkeiten. So müssen in Niedersachsen im Rahmen eines Gleichstellungsplans tatsächlich auch Zielvorgaben für Männer eingebaut werden, z. B. auch in niedrig dotierten Bereichen. Wie dies zu bewerten ist, darüber streiten sich „die Geister“.
Aus meiner Sicht bedarf es heute nach wie vor noch keiner Quotenregelung für Männer. Insoweit ist die Ausdehnung der Frauenfördermaßnahmen auch auf Männer entbehrlich. Es bleibt aber die Hoffnung, dass durch die Quotenregelung für Männer in niedrig dotierten Bereichen das Entgelt steigt, wenn mehr Män- ner hier tätig sind.
Unterrepräsentanz weniger als 45 %
Eine weitere Besonderheit findet sich in dem NGG: nämlich die Tatsache, dass Unterrepräsentanz nur dann angenommen wird, wenn ein Geschlecht zu weniger als 45 % in dem jeweiligen Bereich einer Stelle vertreten ist. Dies weicht erheblich von den üblichen Regelungen in den Frauengleichstellungsgesetzen des Bundes und der Länder ab. Der niedersächsische Gesetzgeber hat somit einen Korridor von 45 bis 55 % eingeführt, innerhalb dessen Frauen bzw. Fördermaßnahmen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht zur Anwendung kommen bzw. nicht getroffen werden.
In Niedersachsen sind familiäre Kompetenzen definiert
Als eines der wenigen Gesetze enthält das NGG eine Definition, was unter „familiären Kompetenzen“ zu verstehen ist. Sie werden sich erinnern: In nahezu allen Frauengleichstellungsgesetzen des Bundes und der Länder sind im Rahmen der Qualifikationsfeststellung gleichstellungsrechtlich auch familiäre Kompetenzen zu berücksichtigen, soweit sie für die in Aussicht genommene Stelle von Bedeutung sind und eine Rolle spielen. Insoweit wird Artikel 33 Abs.2 Grundgesetz (Bestenauswahl) gleichstellungsrechtlich ergänzt und modifiziert. Dies wirft in der Praxis häufig die Frage auf, welche familiären Kompetenzen denn hier eigentlich gemeint sind.
§ 13 Abs. 3 NGG definiert die Erfahrungen und Fähigkeiten aus der familiären und sozialen Arbeit genauer. Welche Kompetenzen das sein können, entnehmen Sie bitte der folgenden Übersicht; diese ist jedoch nicht abschließend.
Übersicht: Familiäre Kompetenzen
1. Flexibilität
2. Kommunikationsfähigkeit 3. Teamfähigkeit
4. Tatkraft
5. Organisationsfähigkeit
Wie bereits zuvor erwähnt, ist die Aufzählung dieser Kompetenzen keineswegs abschließend. Es können weitere Kompetenzen wie beispielsweise soziale Kompetenz, Geduld und Ähnliches hinzukommen.
Kompetenzen müssen messbar gemacht werden
In der Praxis wird es immer wieder die Frage sein, wie diese Kompetenzen praktisch messbar und abfragbar sind. Einerseits darf es im Vorstellungsgespräch ja keine Fragen zur familiären Situation geben, andererseits sollen diese Kompetenzen Eingang in die Qualifikationsbewertung finden.
Um diese Quadratur des Kreises aufzulösen, bietet es sich an, im Rahmen des Vorstellungsgesprächs ähnliche Fragen wie in einem Assessment-Center zu stellen, die nicht unmittelbar auf die familiäre Situation abzielen, sondern mehr die jeweiligen existierenden Kompetenzen und Fähigkeiten wie Flexibilität usw. abprüfen.
Meine Empfehlung:
Schlagen Sie Fragen oder Fallbeispiele vor, die diese Kompetenzen machen
Sie sollten Ihre Rechte nutzen und zunächst einmal die The- matik Abprüfung sozialer Kompetenzen in Ihrer Dienststelle thematisieren. Sie können selbstverständlich hierfür auch konkrete Fragen vorschlagen oder auch Fallbeispiele ins Spiel bringen.
Fazit: In Niedersachsen gibt es einige Besonderheiten
Wie anhand der Regelungen des NGG deutlich geworden ist, differieren die Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder hinsichtlich einiger Punkte doch erheblich. Hier in Niedersachsen ist insbesondere ein Augenmerk darauf zu werfen, dass die Unterrepräsentanz im Korridor von 45 bis 55 % im jeweiligen Bereich der Stelle keine Rolle spielt. Weiter gilt es, sich zu merken, dass sich die ehemals frauenfördernden Regelungen in Niedersachsen auch auf Männer beziehen.
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Als eines der wenigen Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder wendet sich das NGG sowohl an Frauen als auch an Männer. Von den Frauenfördermaßnahmen profitieren somit derzeit nach wie vor auch Männer. Beispielsweise ist die Quotenregelung stets auf das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht anzuwenden.
Die Unterrepräsentanz wird nur dann angenommen, wenn ein Geschlecht zu weniger als 45 % in dem jeweiligen Bereich einer Stelle vertreten ist. Dies weicht erheblich von den üblichen Regelungen in den Frauengleichstellungsgesetzen des Bundes und der Länder ab. Der niedersächsische Gesetzgeber hat somit einen Korridor von 45 bis 55 % eingeführt, innerhalb dessen Frauen bzw. Fördermaßnahmen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht zur Anwendung kommen bzw. nicht getroffen werden.