Gewalt gegen Frauen ist Alltag. In der Türkei, aber auch in anderen europäischen Ländern. Der Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention, die für mehr Schutz von Frauen vor Gewalt sorgen soll, ist daher ein alarmierendes Zeichen.
Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann seine (Ex-)Partnerin umzubringen. Jeden dritten Tag passiert solch ein Verbrechen. Gewalt gegen Frauen ist Alltag und nimmt zu – in Deutschland und auch in anderen Ländern. In der Türkei etwa zählten Frauenrechtsorganisationen 300 Femizide allein im vergangenen Jahr – und nannten weitere 171 Fälle, offiziell als Suizide deklariert, suspekt. Ausgerechnet jetzt hat der türkische Präsident Erdoğan den Austritt aus der Istanbul-Konvention angekündigt.
Was ist die Istanbul-Konvention?
Das Abkommen wurde vom Europarat 2011 in Istanbul auf den Weg gebracht (daher der umgangssprachliche Name Istanbul-Konvention) und von der Türkei damals als erstem Staat unterzeichnet. Ziel des Vertrags sind rechtsverbindliche Standards zum Schutz von Gewalt gegen Frauen. Bis heute haben 46 Staaten die Istanbul-Konvention unterzeichnet, 34 haben sie inzwischen ratifiziert, also in geltendes nationales Recht überführt, darunter auch Deutschland.
Die Türkei auf dem Weg in die Isolation
Die Türkei will nun die Istanbul-Konvention verlassen, verkündete Präsident Erdoğan im März dieses Jahres überraschend. Der offizielle Grund: Der Vertrag untergrabe traditionelle Familienwerte. Für Frauenrechtsorganisationen steht fest: Der Austritt aus der Istanbul-Konvention leistet Unterdrückung von und Gewalt gegen Frauen weiter Vorschub. In weiten Teilen der türkischen Öffentlichkeit stieß die Ankündigung Erdoğans auf Unverständnis, einige Organisationen wollen zudem gegen den Austritt klagen – auch weil das Parlament nicht eingebunden wurde. Klar ist: Tritt Die Türkei am 1. Juli aus, dann müssen mehr Frauen um ihr Leben fürchten und das Land begibt sich weiter in die außenpolitische Isolation.
Gefahr für Frauen in der Türkei – und weltweit
Die Istanbul-Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, weitreichende Maßnahmen umzusetzen, die gewaltbetroffene Frauen unterstützen, präventiv wirksam sind und die Öffentlichkeit sensibilisieren. Wenn die Türkei das Abkommen ohne spürbare Sanktionen verlassen kann, dürfte es Nachahmer geben – Polen prüft bereits ähnliche Schritte. Auch fühlen sich antifeministische, homo- und transphobe Strömungen ermutigt, warnen Menschenrechtler*innen. In der Türkei etwa kündigten zahlreiche Männer bereits ohne Scheu Gewalt gegen Frauen an.
Warum auch Gleichstellungsbeauftragte in Deutschland protestieren
Weltweit hat die Ankündigung Erdoğans, die Istanbul-Konvention zu verlassen, zu Protesten geführt. Auch in Deutschland standen u.a. zahlreiche Gleichstellungsbeauftragte solidarisch an der Seite der türkischen Frauenbewegung. Viele forderten politische Konsequenzen. Denn die Istanbul-Konvention ist bedeutsam, auch für Frauen in Deutschland. Schließlich erkennt der Vertrag Gewalt gegen Frauen nicht nur als geschlechtsspezifisch und strukturell an. Er hebt auch ausdrücklich die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern als wesentliches Element der Verhütung von Gewalt gegen Frauen hervor. Das macht die Istanbul-Konvention besonders wertvoll für die Gleichstellungsarbeit.
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Das Abkommen wurde vom Europarat 2011 in Istanbul auf den Weg gebracht (daher der umgangssprachliche Name Istanbul-Konvention) und von der Türkei damals als erstem Staat unterzeichnet. Ziel des Vertrags sind rechtsverbindliche Standards zum Schutz von Gewalt gegen Frauen. Bis heute haben 46 Staaten die Istanbul-Konvention unterzeichnet, 34 haben sie inzwischen ratifiziert, also in geltendes nationales Recht überführt, darunter auch Deutschland.
Als Femizid bezeichnet man die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts.
Der Vertrag erkennt Gewalt gegen Frauen nicht nur als geschlechtsspezifisch und strukturell an. Er hebt auch ausdrücklich die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern als wesentliches Element der Verhütung von Gewalt gegen Frauen hervor. Das macht die Istanbul-Konvention besonders wertvoll für die Gleichstellungsarbeit.
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