Immer wieder stellt sich die Frage, wann die Klagemöglichkeit der Gleichstellungsbeauftragten greift. Nach den Frauengleichstellungsgesetzen des Bundes und der Länder ist dies immer dann der Fall, wenn ihre Rechte verletzt sind oder kein dem Gesetz entsprechender Gleichstellungsplan aufgestellt worden ist. Dies hat aktuell wieder einmal das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seiner Entscheidung vom 11.8.2022 (Az. 5 A 2.21) bestätigt. Was das Gericht hierzu ausgeführt hat, lesen Sie im Folgenden.
Das ist passiert: Gleichstellungsbeauftragte klagte, weil inhaltliches Recht verletzt war
Die Gleichstellungsbeauftragte des Bundesnachrichtendienstes erhob Klage vor dem BVerwG. Beim Bundesnachrichtendienst ist tatsächlich das BVerwG die erste und letzte Instanz, dies ist eine Besonderheit.
Die Gleichstellungsbeauftragte wandte sich mit ihrer Klage gegen eine neue Beförderungsrichtlinie des Bundeskanzleramts. Diese Richtlinie erhöht die Anforderungen an die Beförderung in eine A16-Führungsposition. Diese verschärften Anforderungen benachteiligen aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten jedoch Frauen, da diese die erhöhten Anforderungen aufgrund ihrer Familien- und Pflegeaufgaben nur schwer erfüllen können. Die Gleichstellungsbeauftragte sah das Ziel des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG), bis Ende 2025 die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen zu erlangen, durch diese neue Beförderungsrichtlinie gefährdet. Nach ihrer Ansicht lag hierin eine mittelbare Diskriminierung von weiblichen Beschäftigten, die nicht zu rechtfertigen sei.
Das entschied das BVerwG: Klage ist unbegründet
Nachdem die Gleichstellungsbeauftragte Einspruch eingelegt hatte und auch ein außergerichtlicher Einigungsversuch gescheitert war, erhob sie Klage. Die Behördenleitung des Kanzleramts und auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes hatten den Einspruch der Gleichstellungsbeauftragten als unbegründet angesehen. Dem folgte nun auch das BVerwG.
Außergerichtlich hatten die Behördenleitungen ausgeführt, dass die neue Richtlinie die weiblichen Beschäftigten nicht benachteilige und im Übrigen die Neuregelung sachlich gerechtfertigt sei. Die Richter*innen vom BVerwG prüften dies jedoch nicht weiter.
Sie führten aus, dass die Gleichstellungsbeauftragte in dem vorliegenden Fall tatsächlich keine Klagebefugnis habe. Das BGleiG (Anmerkung der Autorin: und auch die weiteren Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder) sehe lediglich vor, dass eine Klagemöglichkeit gegeben sei, wenn die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten verletzt worden seien.
In diesem Fall sei es aber so, dass lediglich Vorschriften des Gleichstellungsrechts unter Umständen verletzt worden seien, nicht jedoch die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten. Insofern ließe sich eine Organklage tatsächlich nicht rechtfertigen. Die Richter*innen wiesen die Klage der Gleichstellungsbeauftragten daher ab.
Das bedeutet die Entscheidung für Sie in der Praxis
Das BVerwG hat im Grundsatz klargestellt, was dem Gesetz wie auch der bisherigen Rechtsprechung zu entnehmen ist: Die Organklage einer Gleichstellungsbeauftragten kann nur auf die Verletzung ihrer Organrechte gestützt werden, nicht aber auf inhaltliche Regelungen. Die Entscheidung des BVerwG überrascht also nicht.
Fazit: Bisherige Rechtslage bestätigt
Sie als Gleichstellungsbeauftragte können nur Klage einreichen, wenn Ihr Gesetz die Klagebefugnis vorsieht und wenn Ihre Rechte verletzt worden sind und/oder kein dem Gesetz entsprechender Gleichstellungsplan aufgestellt wurde. Es bleibt also bei der bisherigen Rechtslage.
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Die Gleichstellungsbeauftragte wandte sich mit ihrer Klage gegen eine neue Beförderungsrichtlinie des Bundeskanzleramts. Diese Richtlinie erhöht die Anforderungen an die Beförderung in eine A16-Führungsposition. Diese verschärften Anforderungen benachteiligen aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten jedoch Frauen, da diese die erhöhten Anforderungen aufgrund ihrer Familien- und Pflegeaufgaben nur schwer erfüllen können. Die Gleichstellungsbeauftragte sah das Ziel des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG), bis Ende 2025 die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen zu erlangen, durch diese neue Beförderungsrichtlinie gefährdet. Nach ihrer Ansicht lag hierin eine mittelbare Diskriminierung von weiblichen Beschäftigten, die nicht zu rechtfertigen sei.
Nachdem die Gleichstellungsbeauftragte Einspruch eingelegt hatte und auch ein außergerichtlicher Einigungsversuch gescheitert war, erhob sie Klage. Die Behördenleitung des Kanzleramts und auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes hatten den Einspruch der Gleichstellungsbeauftragten als unbegründet angesehen. Außergerichtlich hatten die Behördenleitungen ausgeführt, dass die neue Richtlinie die weiblichen Beschäftigten nicht benachteilige und im Übrigen die Neuregelung sachlich gerechtfertigt sei.