Inflationsausgleichsabgabe auch in der Elternzeit!

Inflationsausgleichsabgabe auch in der Elternzeit!

Die Tarifverträge im öffentlichen Dienst sehen vor, das Beschäftigte eine Inflationsausgleichszahlung erhalten. Auch der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD VKA) tut dies. Gemäß § 2 Absatz 1 und § 3 Absatz 1 Tarifvertrag (TV) Inflationsausgleich ist ein solcher Anspruch jedoch nicht vorgesehen, wenn sich Beschäftigte in der Elternzeit befinden. Hier wird an den Erhalt von Entgelt angeknüpft, der allerdings nicht besteht, wenn Personen in der Elternzeit sind. Was das Arbeitsgericht Essen hierzu gesagt hat, lesen Sie in diesem Beitrag (Urteil vom 16.4.2024,3 Ca, 2231/23).

    Das ist passiert: Beschäftigte in der Elternzeit erhielt keine Inflationsausgleichszahlung.

    Eine Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem TVöD VKA richtete, befand sich seit Sommer 2022 durchgehend in Elternzeit. Ab Dezember 2023 begann die Beschäftigte eine Teilzeitarbeit während der Elternzeit im Umfang von 24 Stunden pro Woche. Eine Vollzeittätigkeit hätte einer 39-Stunden-Woche entsprochen.

    Die Beschäftigte erhielt von ihrer Arbeitgeberin weder eine Einmalzahlung nach § 2 Absatz 1 noch eine monatliche Zahlung nach § 3 Absatz 1 TV Inflationsausgleich. Die Arbeitgeberin begründete dies damit, dass die Arbeitnehmerin in dem maßgeblichen Zeitraum keinen Anspruch auf ihr Arbeitsentgelt gehabt hätte. Sie führte weiter aus, dass die Beschäftigte erst ab der Aufnahme der Teilzeittätigkeit in der Elternzeit die Inflationsausgleichsabgabe für die verbleibenden Monate unter Berücksichtigung des § 3 Ab- satz 1 TV Inflationsausgleich beanspruchen könne.

    Arbeitgeberin zahlte anteilige Inflationsausgleichsabgabe ab Aufnahme der Teilzeitarbeit

    Sie zahlte der Beschäftigten daher eine anteilige Inflationsausgleichszahlung monatlich jeweils in Höhe von 135,38 € für die Zeit der Teilzeittätigkeit. Die Arbeitgeberin hielt sich hier an die geltenden Regelungen nach dem TV Inflationsausgleich im Bereich des TVöD VKA.

    Die Beschäftigte wollte diese Entscheidung der Arbeitgeberin nicht hinnehmen und reichte Klage beim Arbeitsgericht Essen ein. Sie verlangte sowohl die Einmalzahlung im Juni 2023 in Höhe von 1.240 € als auch die Zahlungen von Juli 2023 bis Februar 2024 in voller Höhe von 220 €.

    Gericht gab der Beschäftigte recht!

    Das Arbeitsgericht Essen führte aus, dass die Arbeitnehmerin sowohl Anspruch auf die Einmalzahlung in Höhe von 1.240 € als auch auf die monatlichen Zahlungen in Höhe von 220 € von Juli 2023 bis Februar 2024 habe.

    Das Gericht stützte seine Entscheidung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Absatz 1 Grundgesetz und führte aus, dass dieser eine fundamentale Gerechtigkeitsnorm sei und insoweit die ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie bilde. Weiter begründeten die Richter*innen, dass die Gerichte aufgrund des Schutzauftrages der Verfassung verpflichtet seien, ungerechtfertigte Differenzierungen in einer Tarifnorm zu unterbinden.

    Differenzierung im Tarifvertrag ist nicht nachvollziehbar

    Es sei zwar zulässig, Beschäftigte in der Elternzeit von bestimmten Leistungen auszuschließen, das Gericht bemängelte aber, dass die von den Tarifvertragsparteien hier vorgenommene Differenzierung in sachlicher Hinsicht keineswegs nachvollziehbar sei. Bestimmte Lebenssituationen seien nach dem Tarifrecht mit dem Anspruch auf Entgelt gleichgestellt, wie beispielsweise der Bezug von Krankengeldzuschuss oder auch das Krankengeld bei der Erkrankung eines Kindes. Demgegenüber sei nicht nachvollziehbar, was diese beiden von den Gerichten genannten Fallbeispiele von der Situation der Elternzeit unterscheide.

    Das Gericht führte hierzu weiter Folgendes aus: In allen drei Konstellationen bestehe das Arbeitsverhältnis fort, ohne dass ein Austausch wechselseitiger Leistungen stattfindet und ohne dass der Arbeitgeber finanzielle Leistungen erbringt. Während längerfristig erkrankte Arbeitnehmer und diejenigen, deren Kinder krank sind, Krankengeld von der Krankenkasse beziehen, beziehe ein Arbeitnehmer in Elternzeit typischerweise Elterngeld von der Elterngeldkasse. Und alle drei Gruppen seien in gleicher Weise von gestiegenen Lebenshaltungskosten betroffen. Insoweit seien die Regelungen im TV Inflationsausgleich rechtswidrig und zu verwerfen. Die Beschäftigte habe Anspruch sowohl auf die Einmalzahlung als auch auf die volle Inflationsausgleichsausgabe, die monatlich zu zahlen ist.

    Das bedeutet diese Entscheidung für Sie in der Praxis

    Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Essen ist bisher noch nicht rechtskräftig und die Berufung wurde zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Urteil auch in der zweiten Instanz Bestand hat oder gar unter Umständen zum Bundesarbeitsgericht geht.

    Beschäftigte sollten ihre Arbeitgeber*innen dennoch bereits jetzt auf die Entscheidung hinweisen und ihre Ansprüche zumindest schon geltend machen, da die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sogenannte Verfall- und Ausschlussfristen vorsehen. Ob und ab wann diese greifen, ist eine weitere zu klärende Frage. Sinnvoll ist es daher, etwaige Ansprüche sofort anzumelden. Ihre Arbeitgeber*innen können ja das weitere Verfahren abwarten und dann erst über die Ansprüche entscheiden.

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    Was war passiert?

    Eine Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem TVöD VKA richtete, befand sich seit Sommer 2022 durchgehend in Elternzeit. Ab Dezember 2023 begann die Beschäftigte eine Teilzeitarbeit während der Elternzeit im Umfang von 24 Stunden pro Woche. Eine Vollzeittätigkeit hätte einer 39-Stunden-Woche entsprochen.
    Die Beschäftigte erhielt von ihrer Arbeitgeberin weder eine Einmalzahlung nach § 2 Absatz 1 noch eine monatliche Zahlung nach § 3 Absatz 1 TV Inflationsausgleich. Die Arbeitgeberin begründete dies damit, dass die Arbeitnehmerin in dem maßgeblichen Zeitraum keinen Anspruch auf ihr Arbeitsentgelt gehabt hätte.

    Wem wurde Recht gegeben?

    Gericht gab der Beschäftigte recht!
    Das Arbeitsgericht Essen führte aus, dass die Arbeitnehmerin sowohl Anspruch auf die Einmalzahlung in Höhe von 1.240 € als auch auf die monatlichen Zahlungen in Höhe von 220 € von Juli 2023 bis Februar 2024 habe.