Bisher war es in der Bundesrepublik für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht binäre Personen nicht so einfach, ihren Geschlechtseintrag bzw. ihre Vornamen im Personenstandsregister ändern zu lassen. Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird das nun anders. Welche Neuerungen es mit sich bringt, erfahren Sie im Folgenden.
Transsexuellengesetz wurde abgelöst
Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird das sogenannte Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1980 abgelöst.
Das ändert sich
Damit entfallen die bisher notwendige gerichtliche Entscheidung über die Antragstellung zur Geschlechtsänderung bzw. zur Änderung des Eintrags und auch die Einholung von zwei sachverständigen Gutachten. Auch der bislang geltende § 45b des Personenstandsgesetzes ist entfallen. Das bedeutet: Intergeschlechtliche Menschen (Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung) müssen nun kein ärztliches Attest mehr vorlegen und können in der Folge nun ihren Geschlechtseintrag und auch ihren Vornamen schneller und einfacher ändern.
Das neue Selbstbestimmungsgesetz regelt nur das Recht auf freie Wahl des Geschlechtseintrags und des Namens und das dazugehörige Verfahren. Mit dem Gesetz werden jedoch keine Regelungen zu geschlechtsangleichenden Maßnahmen medizinischer Art getroffen.
Grundgesetz schützt das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung
Wie das Bundesverfassungsgericht klargestellt hatte, ist durch unser Grundgesetz auch das Recht auf eine geschlechtliche Selbstbestimmung geschützt. Dieses Recht soll durch das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) erleichtert werden. Zudem sollen die betroffenen Personen vor entwürdigenden Vorgaben geschützt werden. Diese waren nach dem Transsexuellengesetz noch gegeben.
So läuft das Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags sowie des Vornamens
Auch das Verfahren, wie Betroffene ihren Vornamen und/oder ihren Geschlechtseintrag ändern lassen können, ist in dem neuen Selbstbestimmungsgesetz geregelt. Betroffene Personen müssen drei Monate vor Änderung eines Geschlechtseintrages bzw. des Vornamens die Änderung bei einem deutschen Standesamt anmelden.
Bei der Anmeldung muss die betroffene Person erklären, dass sie ihren Geschlechtsantrag ändern möchte, und kann zwischen den Eintragungen männlich, weiblich oder divers wählen. Sie kann den Geschlechtsantrag auch ersatzlos streichen lassen.
Später müssen die Antragsteller*innnen dann eine entsprechende Erklärung mit Eigenversicherung gegenüber dem Standesamt abgeben. Nach Abgabe dieser Erklärung nimmt das zuständige Standesamt die erforderlichen Änderungen des Personenstands vor. Dies ist in der Regel das Geburtsstandesamt, das dann den Geschlechtseintrag im Geburtenregister ändert.
Anders verhält es sich allerdings, wenn Minderjährige eine solche Erklärung abgeben. Hier gelten einige Besonderheiten. Zum Beispiel sind bei Minderjährigen unter 14 Jahren nur die Sorgeberechtigten zur Erklärung gegenüber dem Standesamt berechtigt.
Das ist Gegenstand der Eigenerklärung
Die oben erwähnte Eigenerklärung muss innerhalb von sechs Monaten nach der Anmeldung der Erklärung abgegeben werden. Ansonsten verfällt die Anmeldung. An die Erklärungen in der Anmeldung, die den Vornamen und den gewählten Geschlechtseintrag betreffen, sind die Antragsteller jedoch nicht gebunden. Sie können vielmehr auch bei der Abgabe der Eigenerklärung hier noch Änderungen vornehmen.
In ihrer Eigenerklärung hat die Person im Übrigen erstens zu versichern, dass der von ihr gewählte Geschlechtseintrag oder eben auch die ersatzlose Streichung des Geschlechtseintrags ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht. Zweitens muss sie darin versichern, dass sie sich der Tragweite der Erklärung und der hieraus resultierenden Folgen bewusst ist.
Personalausweis und Reisepass werden ungültig
Wenn das zuständige Standesamt den Geschlechtseintrag bzw. den Vornamen (falls notwendig) geändert hat, werden der bisherige Personalausweis und auch der Reisepass der betreffenden Person ungültig, jedenfalls dann, wenn sich die Angaben in diesen Dokumenten verändern.
Diese Dokumente müssen neu beantragt bzw. geändert werden
Die betroffenen Personen müssen dann umgehend die neuen Dokumente beantragen. Weiter schließen sich Änderungen des Geschlechtseintrags und des Vornamens ggf. in anderen Dokumenten an, wie beispielsweise im Führerschein. Betroffene Personen können ferner verlangen, dass vorherige Zeugnisse geändert werden, wenn dies notwendig wird.
Besonderheiten in diesem Verfahren gibt es, wenn eine nicht deutsche Person die Änderung ihres Geschlechtseintrags und/oder Vornamens beantragt. Aber auch hier ist die Personenstandsänderung vorzunehmen.
Weitere Informationen zum neuen Selbstbestimmungsgesetz, das am 01. November 2024 in Kraft getreten ist, finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter: https://bit.ly/4fuLZVL.
Fazit: Die Erleichterungen des Selbstbestimmungsgesetzes waren überfällig
Aus meiner Sicht sind die nunmehr in Kraft getretenen Änderungen durch das Selbstbestimmungsgesetz sehr zu begrüßen. Sie waren lange überfällig. Ob sie weit genug gehen, darüber kann man allerdings streiten.
Aber zumindest bedeuten die in dem neuen Gesetz festgeschriebenen Modalitäten zur Änderung der Geschlechtsidentität und damit des Eintrags ins Personenstandsregister und auch des Vornamens eine enorme Erleichterung für nicht binäre, inter- und transgeschlechtliche Personen.
Interessant: Frauen im Landesgleichstellungsgesetz Bremen
Gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 Landesgleichstellungsgesetz (LGG) Bremen gelten Personen, die einen Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister auf weiblich gestellt haben, als Frauen im Sinne dieses Gesetzes. Das LGG Bremen wurde 2023 reformiert. Dabei wurde wohl vorausschauend bereits die Möglichkeit der Änderung des Geschlechtseintrages im Sinne des neuen Selbstbestimmungsgesetzes mit einbezogen. Was in Bremen gilt, könnte prinzipiell auch für die Personen in den übrigen Bundesländern gelten und auch nach dem Bundesrecht.
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Grundgesetz schützt das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung
Wie das Bundesverfassungsgericht klargestellt hatte, ist durch unser Grundgesetz auch das Recht auf eine geschlechtliche Selbstbestimmung geschützt. Dieses Recht soll durch das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) erleichtert werden. Zudem sollen die betroffenen Personen vor entwürdigenden Vorgaben geschützt werden. Diese waren nach dem Transsexuellengesetz noch gegeben.
Die oben erwähnte Eigenerklärung muss innerhalb von sechs Monaten nach der Anmeldung der Erklärung abgegeben werden. Ansonsten verfällt die Anmeldung. An die Erklärungen in der An-
meldung, die den Vornamen und den gewählten Geschlechtseintrag betreffen, sind die Antragsteller jedoch nicht gebunden. Sie können vielmehr auch bei der Abgabe der Eigenerklärung hier noch Änderungen vornehmen.
In ihrer Eigenerklärung hat die Person im Übrigen erstens zu versichern, dass der von ihr gewählte Geschlechtseintrag oder eben auch die ersatzlose Streichung des Geschlechtseintrags ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht. Zweitens muss sie darin versichern, dass sie sich der Tragweite der Erklärung und der hieraus resultierenden Folgen bewusst ist.