Auf Bundesebene regelt das Bundesgleichstellungsgesetz, dass in öffentlichen Institutionen nur Frauen das Amt der Gleichstellungsbeauftragten bekleiden dürfen. Auf Länderebene sieht das teilweise anders aus: Neben Thüringen und Bayern ist es seit 2015 auch in Hamburg möglich, als Mann das Amt der Gleichstellungsbe- auftragten zu bekleiden. Begründet wird das vor allem damit, dass hierdurch Männer besser in die Ziele des Gleichstellungsgesetzes eingebunden werden. Aber müssen Männer wirklich eine weitere Position bekleiden, um sich für mehr Gleichstellung am Arbeitsplatz einzusetzen?
Aufstand der Empörten
Immer wieder müssen sich die Gerichte auf Länderebene damit beschäftigen, ob es zulässig ist, dass nur Frauen zur Gleichstellungsbeauftragten gewählt oder bestellt werden dürfen: So bewarb sich 2017 ein Jurist in Schleswig-Holstein auf die Stelle einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Er bekam für die Stelle eine Absage. Diese wollte er jedoch nicht hinnehmen und klagte auf Entschädigung. In der Begründung führte er an, dass er aufgrund seines Geschlechts diskriminiert worden sei.
Im gleichen Jahr gab es in Mecklenburg-Vorpommern ein ähnliches Gerichtsverfahren. Darin beschwerte sich ein Landesbeamter, dass er nicht das Amt der Gleichstellungsbeauftragten bekleiden dürfe. Hier wurde das Argument vorgebracht: Wenn der Mann nicht das klassische Rollenbild als Vollzeitverdiener und Ernährer der Familie erfülle, sei er für Fragen der Gleichstellung sensibilisiert und somit für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten geeignet.
In beiden Fällen verteidigten die Gerichte jedoch die Regelung, dass nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte werden dürfen.
Diskriminierung des Mannes?
Überall dort, wo Frauen einen Posten bekleiden, von dem Männer von vornherein ausgeschlossen sind, beklagen diese eine aktive Benachteiligung. Von der taz, die tageszeitung (Gesterkamp 2017) bis zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Smolka 2019) sorgten deshalb die oben beschriebenen gerichtlichen Entscheidungen für einen Aufschrei unter männlichen Kommentatoren. So hieß es beispielsweise, dass Männer davon ausgeschlossen würden, sich für mehr Gleichstellung einzusetzen, wenn ihnen verwehrt bleibe, das Amt der Gleichstellungsbeauftragten zu bekleiden.
Manche Kommentatoren behaupteten sogar, dass es sich bei dem Gleichstellungsgesetz doch weiterhin nur um ein Gesetz der Frauenförderung handle. So schrieb Jost Müller-Neuhof 2017 im Tagesspiegel, dass es doch nicht darum gehen könne, die Nachteile der einen zu beseitigen, sondern darum, Vorteile für alle zu schaffen. Weiter führt er aus, dass es Männern im Gegensatz zu Frauen vielleicht an Einfühlsamkeit mangele, doch im Verhandeln von Interessen seien sie knallhart. Von dieser Fähigkeit würden dann doch auch Frauen profitieren, wenn Männer das Amt der Gleichstellungsbeauftragten bekleideten.
Überall dort, wo Frauenförderprogramme entstehen, ist der Vorwurf der Diskriminierung von Männern nicht weit, wie beispielsweise bei der Frauenquote. Dabei hat sich bisher gezeigt, dass sich ohne eine gezielte Förderung die strukturelle Diskriminierung von Frauen nicht beseitigen lässt.
Warum Frauen die Position der Gleichstellungsbeauftragten zusteht
Die Position der Gleichstellungsbeauftragten wurde geschaffen, da man einsehen musste, dass Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz kein Einzelfall sind. Im Gegenteil: Diese Benachteiligung und Diskriminierung sind das Resultat von lang gewachsenen Strukturen, die Männer systematisch bevorzugen.
Ein kurzer Blick in die 2020 erschienene Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts über den Stand der Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt zeigt, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen bis heute riesig sind. Es herrscht also von vornherein ein strukturelles Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt und in Unternehmen. Die Position der Gleichstellungsbeauftragten soll dem entgegenwirken.
Dieser Argumentation folgte auch das Landesverfassungsgericht (LVerfG) Mecklenburg-Vorpommern. Im Urteil heißt es: Um die verfassungsrechtlich garantierte Chancengleichheit zu gewährleisten, sei es absolut verhältnismäßig, dass nur Frauen zur Gleichstellungsbeauftragten gewählt werden könnten (LVerfG, 10.10.2017, Az. 7/16).
Auch in Schleswig-Holstein kamen die Richter*innen zu einem ähnlichen Entschluss: Dort hieß es, dass durch die weibliche Besetzung des Amts der Gleichstellungsbeauftragten dem ver- fassungsrechtlichen Gebot der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen Rechnung getragen werde (LAG Schleswig-Holstein, 2.11.2017, Az. 2 Sa 262 d/17).
Fazit: Männer aktiv in Fragen der Gleichstellung einbeziehen
Also ist es sinnvoll, dass es Frauen in den meisten Fällen vorbehalten ist, das Amt der Gleichstellungsbeauftragten zu besetzen. Dennoch bedeutet das nicht, dass sich Männer überhaupt nicht mit Fragen der Gleichstellung befassen sollen. Im Gegenteil: Gleichstellung wird nur dann erreicht, wenn alle Geschlechter zusammen an diesem Ziel arbeiten. Ermuntern Sie als Gleichstellungsbeauftragte gerade deshalb männliche Kollegen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Vielleicht besteht sogar die Möglichkeit, einen Posten für einen männlichen Mitarbeiter der Gleichstellungsbeauftragten zu schaffen.
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2017 bewarb sich ein Jurist in Schleswig-Holstein auf die Stelle einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Er bekam für die Stelle eine Absage. Diese wollte er jedoch nicht hinnehmen und klagte auf Entschädigung. In der Begründung führte er an, dass er aufgrund seines Geschlechts diskriminiert worden sei.
Im gleichen Jahr gab es in Mecklenburg-Vorpommern ein ähnliches Gerichtsverfahren. Darin beschwerte sich ein Landesbeamter, dass er nicht das Amt der Gleichstellungsbeauftragten bekleiden dürfe. Hier wurde das Argument vorgebracht: Wenn der Mann nicht das klassische Rollenbild als Vollzeitverdiener und Ernährer der Familie erfülle, sei er für Fragen der Gleichstellung sensibilisiert und somit für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten geeignet.
In beiden Fällen verteidigten die Gerichte jedoch die Regelung, dass nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte werden dürfen.
Es ist sinnvoll, dass es Frauen in den meisten Fällen vorbehalten ist, das Amt der Gleichstellungsbeauftragten zu besetzen. Dennoch bedeutet das nicht, dass sich Männer überhaupt nicht mit Fragen der Gleichstellung befassen sollen. Im Gegenteil: Gleichstellung wird nur dann erreicht, wenn alle Geschlechter zusammen an diesem Ziel arbeiten. Ermuntern Sie als Gleichstellungsbeauftragte gerade deshalb männliche Kollegen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Vielleicht besteht sogar die Möglichkeit, einen Posten für einen männlichen Mitarbeiter der Gleichstellungsbeauftragten zu schaffen.