Vor nunmehr 20 Jahren, am 20. Juni 2004, trat das „Europarechtsanpassungsgesetz Bau“ in Kraft, das wichtige Änderungen am Baugesetzbuch (BauGB) mit sich brachte. Diese Anpassungen hatten einen maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung, Struktur und Entwicklung von Dörfern und Städ- ten. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums dieser bedeutenden Novellierungen weist der Deutsche Juristinnenbund (djb) auf den dringenden Reformbedarf im Baurecht hin. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns daher mit den Forderungen des djb und der Bedeutung des BauGB für die Gleichstellung von Männern und Frauen.
Verpflichtung für Städte und Gemeinden
Eigentlich sind Städte und Gemeinden bereits verpflichtet, bei der Erstellung von Bauleitplänen die unterschiedlichen Auswirkungen der Planungsvorhaben auf die Geschlechter zu berücksichtigen. Dies wird im § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB geregelt. Ziel war es, insbesondere dem Gender-Mainstreaming damit Nachdruck zu verleihen. Trotz dieser Regelung mangelt es laut djb an einer erkennbaren Umsetzung dieser Planungsvorlage, die ein geschlechtergerechtes Zusammenleben garantieren soll.
Es wird in linearen Mobilitätsmustern gedacht
Stattdessen scheint sich die Stadtplanung bis heute an linearen Mobilitätsmustern zu orientieren. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Bewohner*innen einer Stadt oder eines Dorfes nur zwischen ihrem Zuhause und der Erwerbsarbeit hin- und herbewegen. Dies ist jedoch insbesondere für Frauen ein Problem.
Wegketten-Verhalten
Wie nicht zuletzt die Analyse der Barmer Krankenkasse zeigt (siehe Seite 10), übernehmen Frauen immer noch den Großteil der Sorgearbeit in unserer Gesellschaft. Im Alltag müssen sie also unterschiedliche Wege, Zeiten und Personen integrieren.
So muss das eigene Kind zur Kita gebracht werden, es folgt der Weg zum Arbeitsplatz, es muss zum Supermarkt gegangen werden, es stehen Arztbesuche an oder das Kind wird von einem*r Schulfreund*in abgeholt. Oft werden diese Wege zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt.
Anforderungen an eine geschlechtersensible Bauleitplanung
Das Problem ist nicht neu, was sich nicht zuletzt darin widerspiegelt, dass in einem Gesetz von 2004 bereits die unterschiedlichen Anforderungen von Männern und Frauen an einen Wohnort zumindest Erwähnung finden. Ein weiteres Indiz ist, dass das Deutsche Institut für Urbanistik bereits im Jahr 2007 eine Handreichung mit Checklisten zum Thema Gender-Mainstreaming in der Bauleitplanung veröffentlich hat.
Novellierung des BauGB notwendig
Damit die unterschiedlichen Anforderungen von Männern und Frauen an eine Stadt oder ein Dorf auch berücksichtigt werden, schlägt der djb eine Reihe von Ergänzungen vor. Dazu zählt zum Beispiel, dass der § 1 Abs. 6 Nr. 3 um eine nicht abschließende Aufzählung einiger Maßnahmen ergänzt wird. Demnach sollen auch Gleichstellungsbeauftragte künftig an der Planaufstellung beteiligt werden. Eine weitere Forderung ist die Integrierung von festen Checklisten für die Bauleitplanung.
Mein Tipp
Was Sie jetzt schon tun können
Bis zu einer Novellierungen des Gesetztes wird es sicherlich noch einige Zeit dauern, wenn es denn überhaupt dazu kommen sollte. Bis dahin ist es das Wichtigste, ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen. Organisieren Sie dafür Informationsveranstaltungen. Diese können in Form von kurzen Workshops, Lunch-and-Learn-Sessions oder Webinaren stattfinden. Laden Sie relevante Expert*innen und Gastredner*innen ein, die das Thema anschaulich und praxisnah vermitteln können.
Fazit: Für eine gerechtere und lebenswertere Zukunft
Gleichstellungsbeauftragte spielen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung geschlechtergerechter Städte und Gemeinden. Trotz gesetzlicher Vorgaben fehlt es oft an der Umsetzung. Nutzen Sie bereits vorhandene Leitfäden und Handreichungen und organisieren Sie Informationsveranstaltungen und praxisnahe Workshops. Setzen Sie sich dafür ein, dass Frauen und ihre Bedürfnisse in der Stadtplanung stärker berücksichtigt werden – für eine gerechtere und lebenswertere Zukunft.
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Eigentlich sind Städte und Gemeinden bereits verpflichtet, bei der Erstellung von Bauleitplänen die unterschiedlichen Auswirkungen der Planungsvorhaben auf die Geschlechter zu berücksichtigen. Dies wird im § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB geregelt. Ziel war es, insbesondere dem Gender-Mainstreaming damit Nachdruck zu verleihen.
Wie nicht zuletzt die Analyse der Barmer Krankenkasse zeigt (siehe Seite 10), übernehmen Frauen immer noch den Großteil der Sorgearbeit in unserer Gesellschaft. Im Alltag müssen sie also unterschiedliche Wege, Zeiten und Personen integrieren.
So muss das eigene Kind zur Kita gebracht werden, es folgt der Weg zum Arbeitsplatz, es muss zum Supermarkt gegangen werden, es stehen Arztbesuche an oder das Kind wird von einem*r Schulfreund*in abgeholt. Oft werden diese Wege zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt.